Erhard Rutz, Autor und Literaturkritiker 

  • Das Buch
  • Richard Rablack erlebt die letzten Kriegstage im April 1945 mit allen Härten und Grausamkeiten. Der Dreizehnjährige aus Pommern übersteht den Angriff russischer Tiefflieger und kommt mit heiler Haut davon, als Panzer der Roten Armee den Flüchtlingstreck überrollen. Als er seine Mutter verliert, scheint seine Widerstandskraft erschöpft zu sein. Er irrt, geplagt von Kälte, Hunger und Durst, durch einsame Wälder und verlassene Dörfer, immer auf dem Weg nach Westen, weg von der Front. Richard Rablack traf Menschen, die ihm helfen, andere schlagen und demütigen ihn und lassen ihn draußen vor der Tür. Das gräbt sich ein und bewegt ihn bis auf den heutigen Tag. Doch nach Krieg und Flucht gibt es für ihn einen Neuanfang. Erzählt wird eine Geschichte, wie sie packender und einfühlsamer kaum sein kann.

Erhard Rutz: 80 Tage oder Die Hälfte des Lebens. edition ost / verlag am park, Berlin 2008. 202 Seiten, 12,90€, ISBN 978-3-89793-162-6

„Ich will nicht, dass vergessen wird"

Erhard Rutz, Autor und Literaturkritiker, erzählt in seinem Buch „80 Tage oder Die Hälfte des Lebens" vom Schicksal eines Jungen während der letzten Kriegstage. Die Kreiszeitung sprach mit dem Verfasser.

Frage: Was hat Sie bewogen, nach mehr als 60 Jahren aufzuschreiben, was damals geschah?

Erhard Rutz: Noch heute sehe ich, wie die ersten russischen Panzer in den Pommerschen Wäldern unseren Flüchtlingstreck überholten oder Tiefflieger mit ihrer Leuchtmunition in das Flüchtlingselend hineinschossen. Das ist alles noch da. Anfangs sind es nur Bruchstücke, dann weiten sich die Bilder, werden vollständiger und kriegen Farbe. Das musste ich aufschreiben. Vielleicht ist ja die befreiende Kraft des Wortes. Ich bin mir sicher, Vergessen wollen verlängert das Leid, helfen kann die Erinnerung.

Wen möchten Sie mit dem Buch erreichen?

Kurz gesagt: die Älteren, damit sie sich erinnern. Und die Jüngeren, damit sie wissen, was Krieg ist.

 

Glauben Sie nicht auch, dass die Menschen nichts mehr hören wollen von Krieg, Flucht und Vertreibung?

Gewiss, es ist ja auch schon viel darüber erzählt und geklagt worden. Und die Leute haben genug Probleme mit ihrem Leben jetzt. Das kann ich gut verstehen. Doch wer von den verheerenden Zuständen in der Zeit des Nationalsozialismus nichts mehr hören

INTERVIEW

will, hat niemals wirklich zugehört. Ich will nicht, dass vergessen wird, was Kriegskinder damals durchgemacht haben. Das alles soll und muss in Erinnerung bleiben. Und ich spreche auch für die, die das schreckliche Geschehen nicht überlebt haben.

Ist Ihr Buch auch eine Anklage gegen die russischen Besatzungstruppen?

Das wäre falsch und einseitig. Gerecht urteilen kann nur der, der beides sieht, die Verbrechen der Deutschen und die Verbrechen an den Deutschen. Und man muss fragen, wer hat angefangen?

 

Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet?

Über drei Jahre. Meist war es Steinbruch Arbeit. Immer wieder streichen, ändern, neu anfangen. Und dann der fortwährende Zweifel am eigenen Talent und dem Sinn des Ganzen. Aber es macht auch Freude zu sehen, wie Figuren allmählich Gesicht und Charakter annehmen, wie sich Handlungsmotive entwickeln, Räume und Landschaften entstehen. Und es hat seinen Reiz, beim Schreiben nach dem einzig möglichen Wort zu suchen. Vor allem sollte es spannend werden.

Was steckt hinter dem Titel» 80 Tage oder Die Hälfte des Lebens "?

Jules Verne reiste mit seinen Figuren in 80 Tagen um die Welt. Ich erzähle, was Richard Rablack in den letzten 80 Kriegstagen an der Ostfront gesehen und erlebt hat. Das reicht für ein halbes Leben. Viel zu früh musste er die Last eines Erwachsenen tragen. Dass er nicht aufgab, nicht liegen blieb, sondern immer wieder aufstand und weiter ging, gibt der Geschichte Hoffnung und Stärke.

    • Interview: Lutz Schmidt

Leipziger Volkszeitung vom 05.04. 2008

Neuerscheinung im September 2009 "Lebenswege”. Mit Prominenten im Gespräch.

 Das Beste aus zehn Jahren

Alle, über die der Autor schreibt, haben einen großen Namen und sind in der Öffentlichkeit bekannt und berühmt, unter ihnen Günter Gaus, Friedrich Schorlemmer, Lothar  de Maiziere, Christoph Hein, Michel Friedman, Gisela May und Angelica Domröse.

In der Gesprächsreihe geben sie dem Autor Auskunft über  sich und ihre Zeit, über Leben, Leistung und Talent. Sie erzählen sehr persönlich, wie sie mit Erfolg  und Niederlage , mit Hoffnung und Verzweiflung auf  ihrem Karriereweg zurechtkamen. So unterschiedlich ihr Leben auch sein mag - immer handelt es sich um  kritische, scharfsinnige Zeitbeobachter, um  Provokateure und Ruhestörer, die bewegen und verändern wollen.

 

Die Presse schreibt über das Buch:

"Erhard Rutz baut kunstvoll eine Spannung auf, die tief aus dem Leben der Prominenten schöpft und zu einem bewegenden Erlebnis wird."

Leipziger Volkszeitung, 18./19.April2009

"Eine äußerst ansprechende Lektüre, Aufschluss - und lehrreich, dabei durchgängig spannend und unterhaltsam."

steffen verlag, 16.Juni 2009